Tag der offenen Tür in der Heimatstube Bienrode - Museumsreise am 7. Mai von 10:30 bis 17 Uhr
Die Heimatstube öffnet wieder ihre Türen – und wer eine „Zeit-Reise“ in die dörfliche Vergangenheit von Bienrode und dem Leben im nördlichen Braunschweig unternehmen möchte, ist zum „Tag der offenen Tür“ der Heimatstube Bienrode am Sonntag, 7. Mai, von 10:30 Uhr bis 17 Uhr herzlich eingeladen – zu einer „Museumsreise“ mit mehreren Stationen und „Erzählpaten“.
Die Heimatstube Bienrode ist wie viele Museen und Sammlungen kein selbst erklärendes Haus; die Geschichte hinter den Ausstellungsstücken muss erzählt werden. Statt einer Führung zu einer festgelegten Zeit lädt der Heimatverein Bienrode von 10:30 bis 17 Uhr zu einer „Museumsreise“ innerhalb der Heimatstube ein: Mitglieder des Vereins haben Ausstellungsstücke ausgewählt, um als „Erzählpaten“ den Besuchern von der Geschichte hinter den Dingen zu berichten. Es sind einzelne „Museumsgeschichten“ rund um die Zeit, in der das industrielle Zeitalter Bienrode erfasst hatte und das Dorfleben und -wachstum vorantrieb. In Landwirtschaft, Haus und Handwerk hielten viele moderne Geräte und Hilfsmittel Einzug. Doch lösten sie die bewährten hölzernen Werkzeuge mit dem jahrhundertealten Wissen keineswegs ab, sondern wurden im Alltag noch lange miteinander kombiniert, bewahrt, benutzt, bis sie zum Museumsstück wurden. Die älteren „Erzählpaten“ wissen noch, wie die Geräte gebraucht wurden.
Themen-Insel „Hauswirtschaft“: In der nachgebildeten Küchen-Situation der Heimatstube sind viele Haushaltsgegenstände aus mehreren Jahrzehnten versammelt, um den technischen Fortschritt in der Küche und das Leben in diesem zentralen Raum eines Hauses abzubilden. Die Küche war ständig geheizt: „die Hausfrau“ kochte dort, am Esstisch kam die Familie zusammen, so dass sich dort das alltägliche Leben im Haus abspielte. Foto: Day
Bienrode ist ein Beispiel für den Weg der Kleinbauern („Brinksitzer“, „Häuslinge“, „Anbauern“) zur Mitte der Dorfgesellschaft. Wie die wohnlichen Lebensverhältnisse dieser neuen sozialen Mittel-Klasse aussahen, erläutert Rita Gieseke am Modell des „Anbauernhauses“. Die Bienroder Landwirte lebten vom Gemüseanbau und stellten ein besonderes Konsumgut her: den „Braunschweiger Spargel“. Der landete – in der „Konserve“ haltbar gemacht und auf weite Reise geschickt oder als frisches Edelgemüse – auf den Tellern zahlungskräftiger bürgerlicher Familien; das Spargelstechen blieb aber harte körperliche Arbeit, meist von Frauen, wie Renate Schönbach am Spargelgeschirr berichten wird. Dass vorindustrielle ländliche Arbeitstechniken im Dorfleben lebendig blieben, werden Patricia Homberg am Spinnrad und Ingrid Kiefernagel an der Spindel vorführen. Mobiliar wurde durch massenhafte Produktion preisgünstiger. Bei der Reparatur war aber Handwerkskönnen gefragt. Klaus Dreves wird dieses „do-it-yourself“-Wissen beim Flechtwerk eines Stuhles zeigen.
Die Verwandlung Bienrodes vollzog sich innerhalb der vier Wände auf vielerlei Weise: Wie sich diese Veränderung am Küchenschrank ablesen lässt, wird Ilse-Marie Cordes erklären. Die Küche als Arbeits-und Lebensmittelpunkt des Hauses wurde zum Zielobjekt der Hersteller von Küchengeräten, -geschirr und anderer Helferchen. Welche Blüten dieses Küchen-Konsumparadies trieb, werden Gabi Mahnkop anhand der „Bart-Tasse“ und Marion Lüer am Beispiel der „Kartoffelschälmaschine“ erklären. Ohne Wärme-Kopplung ging jedoch nichts in Haus und Küche, was Hilde Borchers am Beispiel des „Grude-Ofens“ erzählen wird. In dieser Zeit stieß jeder Küchenofen schnell an seine Grenzen. Welche Rolle die „Kuchenkiepe“ für die gelungene Familienfeier spielte, verrät Inge Neugebauer. Bürgerliche Werte und Normen ließen sich auf vielerlei Weise transportieren und zeigen. Durch saubere Wäsche etwa. Dass dies ein weiblicher Knochenjob war, wird Sieglinde Gieseke als Erzählpatin für das „Waschfass“ erläutern.
Kirche und Alltagskultur – in der neuen Themen-Insel im Flur der Heimatstube sind Gegenstände aus der Bienroder Kirche und privaten Haushalten ausgestellt. Dazu gehört das frühere Altarbild, ein nachempfundener Altar, der Wetterhahn und Stücke wie eine gedruckte Konfirmationsurkunde und ein im Dekor des Jugendstils gehaltenes Erinnerungsbild der Bienroder Kirche mit Pastor Otto Oehlmann. In vielen Häusern hingen gerahmte Bilder mit biblischen Zitaten und Inhalten, die vom einheitlichen Auftreten von Obrigkeitsstaat und Kirche in der Alltagskultur um 1900 zeugen.
Auch Handgenähte Schuhe waren keine Luxusgüter, sondern bezahlbare Maßarbeit dörflicher „Schuhmacher“. Dass dieses Handwerk noch weit in die 1950er Jahre auf den Dörfern am Leben blieb, zeigen Werkzeuge, Materialien und angefertigte Schuhe von Schuhmachermeister Willi Laesecke und Ernst Johannes. Claudia Kutscher wird diesen Bereich vorstellen. Und je anstrengender und schneller das Leben wurde, desto mehr wurde aus arbeitsfreier Zeit ein „Feierabend“. Dem passte sich auch die häusliche „Unterhaltung“ an. Patrick Wania demonstriert dies zum Thema „Home-Entertainment“ an einem klangvollen Ausstellungsstück, das er repariert hat!
Die Bildungsmedien in den „Volksschulen“ des 19. und 20. Jahrhunderts sind in der Themen-Insel „Schule“ zu sehen. Wie hartnäckig sich etwa die analogen Vorläufer des Tablets in der Schule hielten, erklärt Uwe Day im inszenierten Klassenzimmer. Dass für die Kinder neben dem schulischen Lernen das Spielen ein wichtiger Teil des Alltags war, bei dem sich Vieles lernen ließ, und Spielzeug ein liebevoll gepflegter Schatz war, zeigt Frank Homberg an Beispielen aus dem „Spielzeugschrank“ der Heimatstube. Und wer es nicht glaubt: auch Bienrode hatte eine „Reeperbahn“! Auch diese ist am Tag der offenen Tür zu sehen.